Im Rahmen der Ausbildungsqualifizierung für Ämter ab der dritten Qualifikationsebene an der HfoeD Sulzbach-Rosenberg, konnte ich ein zweiwöchiges Praktikum im europäischen Ausland durchführen. Für mich stand schnell fest, dass ich dieses in Rom machen möchte. Aufgrund meiner italienischen Wurzeln spreche ich fließend italienisch. In Rom war ich bereits einige Male und es gehört zu meinen absoluten Lieblingsstädten. Mein Cousin der in Italien lebt, ist bei den Carabinieri und hat lange Zeit Dienst in Rom geleistet. Durch ihn hatte ich bereits erste Einblicke in die italienische Polizeiarbeit bekommen. Um die Organisation musste ich mich gänzlich selbst kümmern. Nachdem ich IPA-Mitglied bin, schrieb ich eigeninitiativ die IPA-Lazio an und fragte nach der richtigen italienischen Dienststelle, der ich meine Bewerbungsunterlagen zusenden kann. Nach einigen unbeantworteten Bewerbungen und Anfragen an das italienische Innenministerium, wurde das BKA-Verbindungsbüro mit Sitz in der Deutschen Botschaft auf mich aufmerksam. Das BKA-Verbindungsbüro ist die Zentraldienststelle der deutschen Polizei in Italien. Dieses hat einen sehr guten Draht zu dem zuständigen italienischen Innenministerium und bot mir Unterstützung bei der Organisation des Praktikums an. Von da an ging es schnell. Ich schickte meine Bewerbungsunterlagen über das BKA-Verbindungsbüro an die zuständige Abteilung des Innenministeriums. Die italienischen Behörden fragten nach meinen Interessen und sandten mir mein Praktikumsprogramm sowie die Genehmigung seitens des italienischen Innenministeriums zu. Es konnte losgehen.
Über die IPA-Lazio wurde mir der Kontakt zu Francesco Rampolla vermittelt. Ein pensionierter Generale der Guardia di Finanzia. Francesco wohnt in Rom, unterstützte mich bei meinem Aufenthalt und stand mir während der gesamten Praktikumsdauer als Ansprechpartner zur Verfügung. Francesco hat in seiner Laufbahn schon in ganz Italien Dienst geleistet. Er hat lange als Ermittler in diversen Anti-Mafia-Abteilungen gearbeitet und kannte den bei einem Anschlag ermordeten Anti-Mafia-Staatsanwalt Giovanni Falcone persönlich.
Während meines Aufenthalts in Rom habe ich in vielen verschiedenen Ermittlungsbehörden einen Einblick erhalten. Unter anderem bei der DIA – Direzione Investigativa Antimafia (Anti-Mafia-Abteilung), die speziell nach dem Anschlag auf Giovanni Falcone gegründet wurde. Hier wurde mir die Tragweite der Mafia-Problematik bewusst und dass es schon lange kein rein italienisches, sondern ein weltweites Problem darstellt. Bei der Direzione Centrale della Polizia Criminale zeigten sie mir die Internationale Einsatzzentrale der Ermittlungsbehörden. Hier gehen sämtliche Meldungen aus allen internationalen Datenbanken (Interpol, Europol, S.I.R.e.N.E, etc) in Echtzeit ein und werden umgehend an die zuständigen Abteilungen weitergeleitet. Einen Tag konnte ich bei dem Commissariato Trevi Camp Marzio verbringen. Die Dienststelle, die sich im absoluten Zentrum Roms befindet. Sämtliche Staatsgebäude des italienischen Parlaments und der Sitz der Ministerpräsidentin fallen in dessen Dienstgebiet. In der Einsatzzentrale der Polizia di Stato habe ich einen Einblick bekommen, wie die Notrufe abgearbeitet und die 50 in Rom befindlichen Streifen koordiniert werden. Die Sezione Volante ist die Streifenabteilung. Anders als in Deutschland, gehören die Streifen nicht zum Personalkörper der Dienststellen, sondern zentral zur Sezione Volante. Hier durfte ich zwei Tage verbringen. Die Streifen in Rom werden direkt der Einsatzzentrale unterstellt und rücken nur zur Übergabe der Sachbearbeitung in die zuständigen Dienststellen ein. In Rom gibt es ein 5-Schicht-Modell (19:00-00:00, 13:00-19:00, 07:00-13:00, 00:00-07:00, Frei). Traditionell rücken alle Streifen gemeinsam zum Dienstbeginn mit Blaulicht und Martinshorn aus. Ein tolles Erlebnis bei der Vielzahl an Fahrzeugen.
Die größte Schwierigkeit war jedoch die Organisation der italienischen Polizei zu verstehen. Insbesondere durch das Verhältnis der Interforze (Polizia di Stato, Carabinieri, Guardia di Finanzia) hat Italien eine schwer nachvollziehbare Struktur. Die drei Polizeieinheiten machen letztlich die selbe Arbeit. Das System der Interforze hat jedoch eher einen historischen als einen praktischen Hintergrund. Demnach wurde ein Weg gefunden, die Arbeit der drei Polizeikräfte zu vereinen. In Italien gibt es nur ein Innenministerium, von dem die Polizeiarbeit für ganz Italien zentral gesteuert wird. Dementsprechend besteht eine einheitliche Polizei für das ganze Land.
Während meines Auslandspraktikums konnte ich viele tolle Kollegen kennenlernen. Ermittler der DIA, die langjährige Erfahrung in der Mafia-Bekämpfung haben. Den Leiter des Commissariato Trevi Campo Marzio, der bei seiner täglichen Arbeit immer im Blickpunkt der Öffentlichkeit und Politikern steht. Den jungen Streifenbeamten der seine Ausbildung beendet hat und in die Großstadt versetzt wurde sowie die Kollegen des BKA-Verbindungsbüros in der Deutschen Botschaft. Ich wurde von allen Kollegen herzlich empfangen und konnte mich mit diesen auch außerhalb des Dienstes bei einem Espresso oder Abendessen austauschen. Mit den meisten Kollegen stehe ich immer noch in guten Kontakt. Italienische Sprachkenntnisse wären nicht zwingend notwendig gewesen, jedoch für eine barrierefreie Kommunikation vorteilhaft.
Was bleibt sind nicht nur tolle Erinnerungen. Ich habe Anregungen, Arbeitsweisen und Denkansätze einer gänzlich anderen Polizeiorganisation gewonnen, die ich eventuell in meiner weiteren Laufbahn anwenden kann.
(Foto + Text: Fabio S.)