Am 01. September war es nun endlich soweit…
Trotz einiger Widrigkeiten (Corona-Pandemie, Proteste in Sri Lanka gegen den Präsidenten im Frühjahr 2022 und entsprechender Verunsicherung, ob das Seminar überhaupt stattfindet) ging es für mich und zwei weitere Kollegen aus Deutschland zum „6th Young Police Officers Seminar“ (YPOS) nach Sri Lanka. Während Sebastian (IPA Bergstraße) und Jan-Christopher (IPA Hamburg) bereits von Beginn an fest standen, hatte ich das große Glück nachgelost zu werden, da das Seminar aufgrund Corona mehrfach verschoben werden musste und die ursprünglich geplante Kollegin nicht mehr teilnehmen konnte. An dem Seminar nahmen insgesamt 23 Kolleginnen und Kollegen aus 13 Ländern und aus allen polizeilichen Aufgabenbereichen teil.
Zum Willkommens-Dinner am 01.09. wurden wir ins „Senior Police Officers Mess“ (Offizierskasino) eingeladen. Von Polizeiorchester und (überraschend guter) Polizeiband, über diverse Reden des IPA-Vorstandes und ranghohen Polizisten, bis hin zu Vorführungen der „Cultural Divison“ der Polizei Sri Lankas – welche hauptsächlich für Vorführungen der traditionellen Tänze und Bräuche zuständig ist – wurde an dem ersten Abend alles geboten. Wir Teilnehmende, hungrig und teilweise durch den Jetlag geplagt, konnten das eigentliche Essen kaum erwarten. Auch hier wurden von unseren Gastgebern keine Kosten und Mühen gescheut und es schmeckte, wenn auch zu später Stunde, hervorragend.
Die folgenden Tage ging es morgens zwischen 6 – 7 Uhr zum Frühstück und im Anschluss in die „Special Task Force Training School“ (ähnlich BePo-Gelände). Hier verbrachten wir die nächsten drei Tage mit verschiedenen Vorträgen und praktischen Einheiten. Die Geschichte Sri Lankas und verschiedene Themen rund um Terrorismus und wie man versucht diesen zu bekämpfen wurden uns nähergebracht. In Sri Lanka zum Beispiel hatte man bis 2009 Probleme mit der Terrororganisation LTTE („Liberation Tigers of Tamil Eclam“). Zudem war eine Bombenanschlagsserie am Ostersonntag 2019 in drei Kirchen und drei Hotels, welche dem IS zugeschrieben wird, das herausragende Terrorereignis in Sri Lanka. In Zusammenhang mit den Vorträgen waren auch die Anmerkungen und Erzählungen der Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern sehr interessant. Leider waren einzelne Referenten, aufgrund des starken Akzents, sehr schwer zu verstehen, sodass die eine oder andere Frage nicht verstanden und nicht beantwortet wurde.
Die praktischen Elemente des Seminars bestanden aus Vorführungen der Einheiten der Special Task Force (STF), die verschiedene Aufgabenbereiche der Polizei bedienen und vergleichbar mit BFE, SEK, Personenschutz, Motorradstaffel und Höhenrettung sind. Einige von uns nahmen auch aktiv an den Übungen teil und konnten so eigene Eindrücke der Sri Lankischen Polizeiarbeit sammeln. Zum Abschluss des Tages durfte jeder noch seine Fähigkeiten beim Schießen mit MP5 oder Pistole unter Beweis stellen.
Am letzten Tag waren wir dann einfach nur Touristen… Wir fuhren zum Elefantenwaisenhaus und zum „Tooth Relic Temple“. Dieser besitzt eine beachtliche religiöse Bedeutung, da dort eine Reliquie, ein Zahn des Buddha, liegen soll. Leider regnete es den ganzen Tag, sodass das bummeln durch das Städtchen Kandy wortwörtlich ins Wasser viel. Am Abend folgten ein Abschieds-Dinner mit erneuten Reden, tollen musikalischen Darbietungen der Polizeiband und ein noch späteres, aber dennoch exzellentes, Essen (aber mittlerweile waren wir ja an die Uhrzeiten gewohnt).
Besondere Highlights waren die Zeremonie für gefallene Kameraden in der Special Task Force Training School und die Polizeiparade, welches jedes Jahr am 03. September in der Hauptstadt Colombo stattfindet. Während der Gedenkzeremonie trug jeder der ausländischen Teilnehmenden seine Länderflagge und es wurde der im Dienst verstorbenen Kolleginnen und Kollegen gedacht. Bei der Polizeiparade wurden wir im VIP-Bereich platziert, fünf Reihen hinter dem aktuell Ministerpräsident Sri Lankas. Hierbei wurde aber auch deutlich, dass Sri Lanka ein Land ist, in dem die Strukturen/ die Polizei anders „funktionieren“, als in manch anderem Land…
Leider wurde mir vom PP Stuttgart nicht genehmigt meine Uniform im Ausland zu tragen. Es grenzt schon an ein gewisses Maß an Peinlichkeit und es bleibt ein unangenehmes Gefühl, wenn man zu einer Gedenkveranstaltung und einer Polizeiparade als einzige von 23 Teilnehmenden ohne Uniform erscheint und sein Land nicht entsprechend repräsentieren kann!
Alles in allem kann man sagen, dass es eine stressige, aber auch unglaublich bereichernde, Woche war. Vom Abholen am Flughafen, über den gesamten Zeitraum bis zum Rücktransport an den Flughafen, wurde von der IPA Sri Lanka alles hervorragend geplant und durchgeführt. Wir hatten die gesamte Woche Personenschutz durch zwei Kollegen der STF in zivil, welche mit uns im Reisebus saßen, gefolgt durch mehrere Kollegen mit MP hinter unserem Fahrzeug. Überhallhin ging es mit Eskorte (Motorrad und Streifenwagen). Die Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen haben gezeigt, dass die Polizei doch überall auf der Welt irgendwie ähnlich ist und die gleichen Probleme hat.
Hierzu sollen nur folgende Stichworte genannt werden:
- Nachwuchs
- Ausstattung
- Darknet/ Kryptowährung/ Social Media
- Mehr oder weniger vorhandene Intelligenz des polizeilichen Gegenübers
Von Protesten o.ä. haben wir absolut gar nichts mitbekommen (da wird man als Tourist in Deutschen Innenstädten öfter von einer Demo überrascht…). Einzig an Tankstellen hat man gemerkt, dass es offensichtlich wirtschaftliche Probleme gibt. Hier bildeten sich lange Schlangen – wir reden von mehreren hundert Metern – von Tuk Tuks, Motorrädern Autos und Bussen, da Kraftstoff rationiert ist. Zum Beispiel erhält man für ein Pkw 20l pro Woche… Dennoch waren die Menschen dort immer freundlich und zuvorkommend!
Während des Seminars wurden unzählige (offizielle) Bilder und Videos gemacht, Reden gehalten, Hände geschüttelt, Vorträgen gelauscht und Zertifikate ausgehändigt. Aber natürlich auch Gespräche geführt, das ein oder andere Bier getrunken, Späße gemacht, Patches getauscht und – am wichtigsten – Freundschaften geschlossen!
In diesem Sinne,
Servo per Amikeco!
(Text: L. Halt / Fotos: J. Roth)