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Zu Gast beim Oklahoma City Police Department

Mein Auslandspraktikum vom 20. November 2023 bis 08. Dezember 2023 beim Oklahoma City Police Department

Mein Name ist Nhung Nguyen und ich bin vor wenigen Monaten durch die IPA Limburg, die ich hiermit grüße, der IPA beigetreten. Ich bin Polizeikommissaranwärterin und befinde mich derzeit im fünften Semester des Schutzpolizeistudiums an der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit in Wiesbaden. Das fünfte Semester besteht bei uns aus dem 18-wöchigen Fachpraktikum, zwei Wochen Training in geschlossenen Einheiten sowie der Bachelorthesisbearbeitungszeit.

Das Fachpraktikum ist in einen schutzpolizeilichen und kriminalpolizeilichen Teil untergliedert. Optional können sich die Studierenden für die letzten drei Wochen des Fachpraktikums für ein Praktikum bei einer außerhessischen oder ausländischen Behörde bewerben. Da ich vor meinem Polizeistudium ein Masterstudium der American Studies an der Goethe-Universität absolvierte, daran anknüpfen und mein polizeibezogenes Englisch verbessern wollte, bewarb ich mich beim Oklahoma City Police Department (OKCPD/OCPD).

Der Kontakt zum OKCPD wurde über die Verbindungsbeamten der Bundespolizei in den Vereinigten Staaten Ringo Kutz und Markus Ferber  hergestellt, bei denen ich mich hiermit noch einmal ganz herzlich bedanken möchte.

Das Oklahoma City Police Department

Oklahoma City ist die Hauptstadt eines republikanischen Bundesstaates im zentralen Süden der USA mit einer Einwohnerzahl von etwa 680.000, von der Diversität und Interkulturalität vergleichbar mit Frankfurt am Main. Das OKCPD wurde 1889 gegründet und ist mit 1235 (Stand 2020) Polizeibeamten und etwa 300 zivilen Angestellten die größte Strafverfolgungsbehörde im Bundesstaat Oklahoma.

Das Streifengebiet ist in vier „Divisions“ mit insgesamt zehn Polizeistationen unterteilt. Beim OKCPD gilt das Prinzip der Einzelstreife. Unter anderem sind die Streifenwagen mit einem Laptop ausgestattet, den die Polizeibeamten im Rahmen ihrer Streifentätigkeit an der Mittelkonsole bedienen können. Auf dem Computer werden alle Aufträge und Notrufe angezeigt, sodass die Polizisten einen Überblick über das aktuelle Geschehen in ihrem Dienstgebiet behalten und beurteilen können, wann ihre Kollegen Unterstützung benötigen. Das Streifenfahrzeug mit dessen Ausstattung ist als mobiler Arbeitsplatz anzusehen. Berichte können am Laptop verfasst werden und ein Drucker an Bord kann die Berichte, Datenermittlungsbelege etc. sofort ausdrucken.

Die polizeiliche Ausbildung

Das Ausbildungsprogramm des OKCPD umfasst ein intensives 28-wöchiges Training, das in die drei Hauptblöcke „Schießen, Fahren und Defensive Tactics Training“ unterteilt ist. Die verschiedenen Ausbildungsinhalte werden im OC Fire-Police Training Center, im Reality Based Training Center und im OC Firearms Training Center vermittelt. Der Unterricht findet montags bis freitags an der Polizeiakademie statt und die Rekruten werden nicht kaserniert. Im Anschluss daran folgt ein vier- bis sechsmonatiges Field Training statt. Im Field Training werden die Rekruten vier verschiedenen Praxisausbildern (FTO = Field Training Officer) zugeteilt, mit denen sie jeweils einen Monat Streife fahren.

Die Ausbildung verfolgt einen paramilitärischen Stil, wobei die Kernwerte, nämlich „Integrity, Compassion, Countability, Respect and Equity“ eine wichtige Rolle spielen.

Das Praktikum

Mein Fachpraktikum auf der Polizeistation Limburg wurde um drei Wochen gekürzt und nach 15 Wochen ging es nahtlos in das Auslandspraktikum in Oklahoma City über. Ich wurde dem Recruiting Office des OKCPD, das im Oklahoma City Fire-Police Training Center seinen Sitz hat, zugewiesen. Die Praktikumszeiten waren grundsätzlich von Montag bis Freitag von 07.00 bis 16.00 Uhr.

An meinem ersten Praktikumstag war ich etwas nervös, doch die Nervosität verging nach einer freundlichen Begrüßung durch meine beiden Betreuer Lieutenant Reynaldo Vasquez und Sergeant Megan Morgan schnell. Sie erklärten mir den Praktikumsablauf und führten mich durch die Polizeiakademie, wo sie mich allen Polizeibeamten vorstellten, die mich auf ihre offene und herzliche amerikanische Art willkommen hießen.

Den Nachmittag verbrachte ich im OC Firearms Training Center. Ich durfte die Rekruten der Class 148 am letzten Tag des Schießtrainingsblocks begleiten und als Abschluss auf der Shooting Range mit einem SIG Sauer-Sturmgewehr sowie der 9mm SIG Sauer P320-Handfeuerwaffe, die seit 2020 im Standardrepertoire des OKCPD ist, schießen.

Die nächsten Tage verliefen genauso interessant und spannend, da mir ein umfangreiches Praktikumsprogramm geboten wurde:

An einigen Tagen begleitete ich die jetzige Rekrutenklasse, die Class 148, im Unterricht in der Polizeiakademie. Die jetzige Klasse besteht aus 25 Rekruten im Alter von 21 bis 37 Jahren, davon sind es drei Frauen. Der Unterrichtstag beginnt regulär um 06.45 Uhr und endet gegen 16.00 Uhr mit der Flaggenzeremonie („Raising Flags“ oder „Showing Colors“), bei der angetreten wird und die amerikanische sowie die Flagge von Oklahoma hochgezogen werden. Ich durfte mir interessante Vorträge von der Vice Enforcement Unit oder über Officer-involved shootings sowie Gangkriminalität anhören; am lehrreichsten war die Unterrichtseinheit in „Combat Medicine“.

An anderen Tagen wurden mir wichtige Abteilungen und Einheiten vorgestellt. So durfte ich im Hauptquartier die Opferhilfe, Wellness Unit (Polizeiseelsorge), die verschiedenen Bereiche von Investigations, die Asservatenstelle, die CSI (Crime Scene Investigations) und die Öffentlichkeitsarbeitsstelle (Public Information Office) kennenlernen. Das Public Information Office beschäftigt einen zivilen Videografen, einen zivilen Social Media-Beauftragten, der alle Social Media-Kanäle des OKCPD (Facebook, Instagram, Youtube, X, Threads und Nextdoor) übersieht sowie vier Polizeibeamte, die alle restlichen Medien betreuen und eng im Kontakt mit den Nachrichtenagenturen und Journalisten stehen.

Außerdem wurde mir ein Besuch des Reality Based Training Centers (Einsatztrainingszentrum) ermöglicht, in dem Rekruten und Polizeibeamte regelmäßig Einsatztraining erhalten und neue Führungs- und Einsatzmittel getestet werden. Seit Neuestem führt jeder Polizeibeamte einen Tazer mit sich. Ferner kann er neben einer Shotgun bzw. Gewehr noch „less lethal weapons“ mit im Streifenwagen führen. Dies wären ein „Bean Bag“-Gewehr sowie ein Gewehr, das 40mm-Gummigeschosse verschießt.

An einem anderen Tag besuchte ich die Bomb Squad (Entschärfungsdienst) des OKCPD, bei dem mir die Ausrüstung und die Fahrzeuge vorgeführt wurden. Ferner wurden mir Gerichte und Programme vorgestellt, die mir halfen, das amerikanische Justizsystem besser zu verstehen. Darüber hinaus hospitierte ich an einem Tag bei „Dispatch“ (Leitstelle). Anders als in Deutschland sitzen sowohl Polizei als auch Feuerwehr und der Rettungsdienst auf der Leitstelle, was kürzere Kommunikationswege bedeutet.

Im Oklahoma City Court Administration durfte ich den Bürgermeister von Oklahoma City David Holt, der seit 2018 im Amt, der seither jüngste Bürgermeister der Geschichte Oklahomas und der erste Native American Bürgermeister ist, kennenlernen. Außerdem traf ich den Chief des Fire Departments Richard A. Kelleysowie den Chief of Police Wade Gourley, welches für mich eine Ehre war.

Den Höhepunkt meines Auslandspraktikums bildeten ein einstündiger Streifenflug über Oklahoma City in einem der drei Polizeihubschrauber der Air Support Unit sowie ein Ride-Along bei einer Polizeibeamtin der Southwest Division. In der Schicht waren allein in der SW Division 16 Streifenbeamte im Dienst. Unsere Einsätze waren eine Durchsuchung einer weiblichen Person nach einem Ladendiebstahl, ein Notfall nach einer Drogenüberdosis und zuletzt ein Einsatz an einem Tatort, an dem zuvor ein Mord geschah, mit anschließender Fahndung des flüchtenden Täters. Bemerkenswert war, dass wir als Zweites an den Tatort kamen und in weniger als fünf Minuten sechs weitere Streifen hinzukamen.

Mein letzter Praktikumstag fiel mit einem offiziellen Einstellungstag zusammen, bei dem sich etwa 30 Bewerber den Herausforderungen stellten. Der Tag begann nach der Anmeldung mit einem zweistündigen Computertest, nach dessen Bestehen die Bewerber sich dem Hindernisparcours stellten, der unter sechs Minuten absolviert werden musste. Am Ende lief ich den Obstacle Course, den ich in 05:29 Minuten geschafft habe.

Abschied nehmen…

Danach hieß es leider schon Abschied nehmen von vielen lieben und engagierten Polizeibeamten, die ihren Beruf mit Leidenschaft ausüben. Ich habe in den drei Wochen sehr viel gelernt und die Möglichkeit gehabt, meine „Mental Preparedness“ für den zukünftigen Streifendienst auszuüben. Ich habe gelernt, dass die 28 Wochen Ausbildung überdurchschnittlich intensiv sind und die Rekruten hervorragend im Umgang mit dem Bürger, im Schießen, Fahren und Einsatztraining trainiert werden. Sie arbeiten in einer polizeifreundlichen Stadt, deren Bürgermeister und Politiker hinter ihnen stehen und sie die finanziellen Mittel für eine ausgezeichnete Ausrüstung erhalten.

Ich empfand die Stadt Oklahoma City als eine sehr polizeifreundliche Stadt und das OKCPD als eine sehr bürgernahe Behörde. Mir fiel auf, dass in den USA First Responder (Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte) im Großen und Ganzen mehr Anerkennung und Wertschätzung von der zivilen Bevölkerung erhalten, was ich mir sehr für Deutschland wünsche.

Rückblickend bin ich sehr dankbar, diese wertvolle Erfahrung gemacht haben zu dürfen.