
40 Jahre bei Spurensicherung – 4o Jahre Mitgliedschaft bei der IPA Bergstrasse-Odenwald
Andrea Luber blickt auf eine außergewöhnliche Karriere als Kriminaltechnische Angestellte bei der Polizeidirektion Bergstraße im südhessischen Heppenheim zurück. Bereits 1984 begann sie ihren Dienst im Erkennungsdienst, nachdem sie ihren wenig erfüllenden Bürojob im Bauamt des Landkreises Bergstraße hinter sich gelassen hatte. Schon früh zeichnete sich ihre Neugier und das Engagement für den kriminaltechnischen Bereich ab, das sie dazu motivierte, sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen. Ihre ersten Kontakte zur Polizei als Datentypistin führten sie schließlich zur Spurensicherung – eine Abteilung, die sie bis zu ihrem Ausscheiden im Jahr 2024 entscheidend mitprägte.
Technische Entwicklungen und besondere Fälle
Die 1980er Jahre waren eine Zeit der grundlegenden technischen Entwicklungen in der Kriminaltechnik. Die DNA-Analyse stand damals noch am Anfang, und Andrea erinnert sich an die Herausforderungen, die Schwarz-Weiß-Fotografie und Polaroid-Kameras mit sich brachten. Diese mussten oft kreativ eingesetzt werden, um Tatorte für die Gerichtsverfahren gut zu dokumentieren. „Die DNA-Analyse und Fototechnik sind heute nicht mehr vergleichbar mit früher,“ erklärt Andrea und spricht über den Wandel von analogen hin zu digitalen Techniken, die heute eine detaillierte Spurensicherung ermöglichen.
Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr der Fall eines Geldtransporters in den 80er Jahren, dessen Besatzung spurlos verschwand und später tot in einem Wald bei Biblis aufgefunden wurde. „Ich werde nie vergessen, wie die beiden wie Schaufensterpuppen dalagen,“ berichtet sie. Mehrere Stunden blieb sie damals allein bei den Getöteten und wartete am abgesperrten Fundort auf die Tatortgruppe des hessischen Landeskriminalamtes (HLKA). Somit sollte verhindert werden, dass Spuren zerstört werden. Bis heute ist der Fall ungelöst.
Auch der Fall der im Jahr 1986 getöteten 15-jährigen Jutta Hoffmann aus Lindenfels, der kürzlich durch eine DNA-Spur gelöst werden konnte, hat sie tief bewegt. Als Mutter zweier inzwischen erwachsener Kinder, gehen solche Gewaltverbrechen unter die Haut.
Herausforderungen und Unterstützung im Team
Der Beruf als kriminaltechnische Angestellte verlangte der heute 64-jährigen Andrea viel ab. Die psychischen Belastungen und die Auseinandersetzung mit Gewaltverbrechen wurden jedoch größtenteils durch das Kollegium aufgefangen. „Wir haben viel unter uns Kollegen gesprochen, mehr als heute. Es gab viel Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen der Fachkommissariate, die Zusammenarbeit war eng,“ beschreibt sie die besondere Unterstützung im Team.
Der forensische Bereich war lange Zeit von Männern dominiert, und Andrea zählt zu den wenigen Frauen, die in den 1980er Jahren bei der Kriminalpolizei in Hessen arbeiteten. Durch die steigende Zahl von Frauen in der Polizei veränderte sich auch das Arbeitsumfeld. Mit ihrer langjährigen Erfahrung wurde Andrea nicht nur in Heppenheim, sondern auch im HLKA und weiteren Dienststellen als verlässliche Fachkraft anerkannt.
Einstellung zur Technik und Weiterbildungen
Obwohl Andrea die Fortschritte der Technik im forensischen Bereich begrüßt, bleibt sie kritisch gegenüber neuen Methoden wie der künstlichen Intelligenz. Sie befürwortet KI als unterstützendes Werkzeug, jedoch dürfe die menschliche Kontrolle nicht aus der Hand gegeben werden. DNA-Analysen sieht sie als wertvolle Innovation, allerdings fordert sie einheitliche Standards und mehr Befugnisse für die Polizei im Umgang mit DNA-Daten.
Die regelmäßigen Fortbildungen waren für Andrea ein wesentlicher Bestandteil ihrer Arbeit. Sie hebt wiederholte Treffen der Kriminaltechnischen Angestellten (KTA) aus ganz Hessen und das Seminar zur Werkzeugspurenanalyse beim HLKA hervor: „Das Verständnis für Einbruchstechniken hat sich nach diesem Seminar verändert – ein wertvolles Wissen, das auch jedem Polizisten zugutekommen würde.“
Karriereende und Zukunft der Spurensicherung
Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst hat Andrea noch regelmäßig Kontakt zu ihren ehemaligen Kolleginnen. Einmal im Monat treffen sich die Angestellten zum „Bergfest“, und sie bleibt über Entwicklungen in der Spurensicherung informiert. Die Massenkriminalität, so stellt sie fest, sei gestiegen, während große Kapitalverbrechen eher seltener geworden seien. „Kollegen vor Ort stehen unter gestiegenem Arbeitsdruck und sehen sich häufig mit einem Mangel an spezialisierten Ausbildungsmöglichkeiten konfrontiert, was zu einer höheren Belastung führt,“ resümiert sie.
Für junge Menschen, die sich für die Spurensicherung interessieren, betont sie die Notwendigkeit von Neugier und Engagement. Private Interessen müssten ab und zu in den Hintergrund treten, wenn man im kriminaltechnischen Bereich arbeiten wolle. Das Berufsfeld erfordert ihrer Meinung nach handwerkliches Geschick und ein ausgeprägtes Verständnis für Technik und Naturwissenschaften.
40 Jahre IPA-Mitgliedschaft
Außerdem ist Andrea 40 Jahre Mitglied der IPA Bergstrasse-Odenwald, die ihr durch die Vernetzung mit Kollegen immer viel bedeutet hat. Durch ihre damalige Kollegin Johanna Glowienke-Köppen, die ebenfalls beim Erkennungsdienst in Heppenheim arbeitete, trat sie der IPA bei. Sie erinnert sich an gemeinsame Veranstaltungen wie das IPA-Schießen und einen Ausflug des Erkennungsdienstes ins IPA-Haus in München, bei dem sie die Kollegialität und das Gefühl der großen „Polizeifamilie“ spürte.
In diesem Jahr wurde Andrea für ihre langjährige Mitgliedschaft bei der IPA geehrt. „Ich bin froh, dass ich zur Mitgliederversammlung gekommen bin,“ sagt sie über die Auszeichnung, und beschreibt die bewegenden Momente, als über die Hilfsaktion der IPA Bergstrasse-Odenwald für die Ukraine berichtet wurde. Die Bilder der verletzten ukrainischen Soldaten und das Engagement der IPA-Freunde David Weiser und Jupp Simon hinterließen bei ihr einen tiefen Eindruck.
Andrea blickt stolz auf ihre Zeit im Erkennungsdienst zurück. Zahlreiche Momente haben ihr gezeigt, dass sich ihre genaue und manchmal über das Notwendige hinausgehende Arbeitsweise gelohnt hat. „Man muss eine Spürnase behalten und neugierig bleiben,“ erklärt sie. Ihre Karriere zeigt, dass forensische Arbeit ein breites Spektrum an Talenten erfordert und die Kollegialität im Team ebenso wichtig ist wie die ständige fachliche Weiterbildung.
Das Gespräch mit Andrea führte ihre ehemalige Kollegin aus dem Erkennungsdienst und IPA Freundin Sandra Köhler.



