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Die IPA-Frauen in Münsters Stadtarchiv:  “Entdecke Münsters Stadtgeschichte(n)”

Am 13. September wandelten wir auf den Spuren der Geschichte – wir haben das Stadtarchiv besucht. Um 793 wurde die Stadt Münster gegründet. In der “Schriverie”, der Ratsschreibstube, im Rathaus wurden Dokumente aufbewahrt – das Stadtarchiv.

Zunächst wichtige Jahreszahlen aus der Geschichte der „Schriverie“:

  • 1121 verbrannte ein Großteil der Dokumente bei einer Belagerung
  • 1534 vernichteten die Wiedertäufer sämtliche Schriftstücke
  • 1636 Umzug des Archivs in den Schmiedeturm am Rathaus
  • 1942 wurden die Archivbestände ins Weserbergland ausgelagert
  • 1953 kamen die Bestände zurück nach Münster und wurden im Krameramtshaus untergebracht
  • 1978 kam, bis auf einige Außenlager, der komplette Bestand ins Lotharinger Kloster
  • 2003 wurde das komplette Stadtarchiv in einem ehemaligen Speicher in der Speicherstadt in Coerde verlagert.  Was fehlt allerdings bis heute? Die Schriftstücke aus dem Jahre 1648…..

Die Speicher wurden 1936 als Wehrmachtsbäckerei incl. Getreidespeicher gebaut. Rund 60.000 Brote wurden hier täglich gebacken. Das Kommissbrot wurde bis an die holländische Grenze gebracht. Hier, an den Speichern 8, trafen wir uns also mit Dr. Jan Hoffrogge, einem jungen und sehr engagierten Archivpädagogen (einer von etwa 10 in ganz Deutschland!) Im Stadtarchiv werden die Archivarien der Stadt Münster und des Landkreises Münsters aufbewahrt. Außerdem Sammlungen von Urkunden, Fotos, Plakaten, Postkarten, Plänen und Karten, Zeitungen – sogar private Dokumente liegen hier, sofern sie für die Stadt von Bedeutung sind. Alles kann eingereicht werden – nicht alles allerdings ist archivwürdig und wird deshalb vernichtet. Die Archivalien werden nach einer konservatorischen Behandlung “auf ewig” aufbewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

In den Findbüchern ist jedes einzelne Stück beschrieben und mit Laufzeit oder Entstehungsdatum versehen. Jedes Original kann mithilfe einer Signatur zur Ansicht im Lesesaal bestellt werden. Vieles kann bequem am Computer eingesehen werden. Zusammengelegt ergeben die 12.500 Karten, Pläne und Plakate, die 160.000 Akten und Amtsbücher, die 80.000 Fotos, Dias und Postkarten und die 6.000 Urkunden eine Länge von knapp 5 Kilometern! Außerdem gibt es hier eine Bibliothek mit Literatur zur Stadt- und Regionalgeschichte. Das Archiv versteht sich als außerschulischer Lernort für Schulklassen und interessierte Gruppen wie uns.

Unser Thema: Hexenprozesse in Münster

Zwischen 1450 und 1790 wurden 25.000 Hexen und Zauberer in Deutschland hingerichtet. In Münster gab es zwischen 1552 und 1644 29 Verfahren gegen 32 Frauen und 8 Männer. 6 Frauen wurden als Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Zum Vergleich: in Osnabrück wurden 260 Frauen und in der Grafschaft Lippe 250 Frauen hingerichtet! Für die Interessierten hat uns Herr Hoffrogge das Buch von Sabine Alfing ans Herz gelegt: “Hexenjagd und Zaubereiprozesse”. Nun ging es uns vor allem um Greta Bünichmann, einer münsterschen Dienstmagd, der 1635 der Prozess gemacht worden ist. In dem originalen Kriminalprotokoll, einem dicken Buch, durften wir die handgeschriebenen Zeilen über ihre Aussagen lesen. Nur 4 Wochen lagen zwischen ihren Aussagen und Geständnissen und ihrem Todesurteil. Damit wir überhaupt etwas von dem verstehen konnten was dort geschrieben stand hatten wir Fotokopien der Originalseiten und daneben die jeweiligen “Übersetzungen” zur Verfügung – ein toller Service, der uns dadurch aber auch einen Schauer nach dem anderen über den Rücken laufen ließ! Wir waren ja praktisch hautnah dabei!

Auszug aus dem Protokoll: “Ob nun wol der Scharpfrichter sie mit einr schrauben am bein angriffe, cum monitione, zu sagen, was sie wisse, pleibt und rufft sie starck, Sie könne nichts, wisse nichts, bitte umb Gottes willen, man solte sie Looslassen, was sie sagen solte, sie könne nichts, Was sie vorhin gesagt, hab sie aus angst und bangigkeit gtan, schreiet und clagt….”

Greta Bünichmann war ein bedauernswertes Opfer des Hexenwahns in Münster. Ihre Geständnisse wurden durch Folter und falsche Versprechen erpresst. 1635 wurde sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt, nachdem man sie gnädigerweise vorher enthauptet hatte. 359 Jahre später stellte sich wieder die Frage: schuldig oder nicht schuldig??

Im Sommer 1994 wehrten sich 60 Bauherren, die im Bereich des “Guten Hirten” Eigenheime errichten wollten, gegen den Namen “Greta-Bünichmann-Straße”! Sie wollten nicht, dass man später ihr Wohnviertel “Hexenviertel” nennt. Im Januar 1995 setzten sich 80 % der Anwohner und über 100 Pfarrangehörige der Gemeinde St. Mauritz für eine Umbenennung der Straße ein: sie sollte “Klostergarten” heißen. Letztendlich sollten sie keinen Erfolg haben – die Straße heißt bis heute “Greta- Bünichmann-Straße”!

Nach soviel Geschichte und Gänsehaut führte uns Herr Hoffrogge hinunter in den Keller – dorthin, wo normalerweise niemand Zugang hat. Unfassbar viele Regale mit Kartons, in denen die Schriftstücke u.a. aufbewahrt werden. Viele Regale mit alten Ordnern. Die Akten hier müssen noch in Kartons umsiedeln. Wir durften einen Blick auf das älteste Schriftstück hier werfen: es ist aus dem Jahr 1184 und hat nur deshalb die Jahrhunderte überdauert, weil es aus einem ausgelagerten Archiv ins Stadtarchiv gekommen ist. Wir atmeten die Luft der Geschichte – und wir waren wirklich sehr beeindruckt! Es war eine tolle Zeit hier im Stadtarchiv, etwas gruselig – aber sehr interessant!

Sicherlich finden wir bald irgendein Thema, was hier zu erforschen bestimmt wieder großen Spaß machen wird. Auch dem interessierten Leser – also Ihnen – wird sicher ein Thema einfallen. Kommen Sie ins Stadtarchiv – es lohnt sich 😊

Zitat Hoffrogge: “Geschichte kann nicht Vergangenheit sein. Es wird nicht alles aufgeschrieben. Und nicht alles, was aufgeschrieben wird, wird aufbewahrt.”

Bis zum nächsten Mal

Ihre/ Eure Mecki (Mechtild) Lanwehr

Hier noch einige sehr interessante Adressen:

QR-Codes mit interessanten Links zur Historie von Münster
QR-Codes mit interessanten Links zur Historie von Münster

Handschriftübersetzer: www.transkribus.org

Zeitungen bis 1949: www.zeitpunkt.nrw

Webseite der Archive NRW: www.archive.nrw