IPA Deutschland

Polizeialltag trifft Abenteuer -Eine IPA-Reise nach Wisconsin / USA

Wie läuft Polizeiarbeit in den USA wirklich ab? Was hat es mit Drohneneinsätzen und „Police Lights of Christmas“ auf sich? Lynn Thomsen von der IPA Flensburg war vom 24.-30. Juni 2025 bei einem internationalen Polizeiseminar in Green Bay dabei – inklusive Roadtrip, Schießtraining, Polizeihund Arlo und Abschlussdiplom von der ILEETA. Ihr Bericht zeigt: Polizeiarbeit verbindet – rund um den Globus.


Die Reise begann früh am Morgen des 24. Juni. Pünktlich um 06:00 Uhr hob mein Flieger Richtung London ab. Von dort ging es weiter nach Chicago – und dort wurde es direkt spannend: Nach der Einreise in die USA verpasste ich aufgrund langer Schlangen meinen Anschlussflug nach Green Bay, Wisconsin. Das Abenteuer startete also etwas früher als geplant.

Plötzlich auf das Flughafen-WLAN angewiesen, versuchte ich, Kontakt zu anderen Teilnehmern des Seminars aufzunehmen – mit Erfolg. Wie sich herausstellte, waren gleich fünf von uns in Chicago gestrandet. Während ein Kollege aus England und einer aus Dänemark sich für einen späteren Flug entschieden, schloss ich mich zwei Kollegen aus Großbritannien an: Gemeinsam wagten wir einen dreieinhalbstündigen Roadtrip nach Green Bay. Was sollte man nach mittlerweile 18 Stunden Reise sonst tun?

Trotz anfänglicher Unsicherheit wegen des Rechtsverkehrs schafften es Andy und Paul, uns sicher ans Ziel zu bringen – ein echtes Gemeinschaftsgefühl stellte sich ein.


25.06. – Green Bay erkunden & ein besonderes Polizeirevier

Den folgenden Tag hatten wir zur freien Verfügung – ideal, um die Stadt Green Bay und ihre Umgebung zu entdecken. Ich schloss mich fünf Kollegen aus Belgien an, und gemeinsam machten wir uns mit dem Mietwagen auf den Weg. Neben typisch amerikanischen Eindrücken stand ein Highlight auf dem Programm: der Besuch eines lokalen Polizeireviers.

Und das hatte es in sich. Das Gebäude verfügte über eine eigene, funktionstüchtige Schießanlage, eine Werkstatt für die Streifenwagen, einen Trainingsraum für Selbstverteidigung sowie ein Fitnessstudio – alles direkt im Haus. Zudem kommt regelmäßig ein Physiotherapeut vorbei, der die Beamten behandelt. Auch Schulungsräume und ein professioneller Presseraum sind vor Ort. Selbst meine belgischen Kollegen, die schon einiges gesehen haben, zeigten sich beeindruckt.


26.06. – Erster Seminartag: „Lecture Day“

Der erste offizielle Seminartag begann mit einem vollen Vortragsprogramm. Der Einstieg drehte sich um mentale Gesundheit, Ernährung und Sport als Ausgleich im Polizeialltag – ein Thema, das international viele bewegt. Besonders spannend wurde es beim nächsten Programmpunkt: ein fast dreistündiger Vortrag zum Thema „Drohnen im Polizeieinsatz“.

Dabei wurde schnell deutlich: In den USA ist man in Sachen Drohnentechnik um einiges weiter als bei uns. Datenschutzbedenken, wie wir sie aus Deutschland kennen, spielen dort eine eher untergeordnete Rolle. So werden Drohnen beispielsweise zur Verfolgung flüchtiger Straftäter eingesetzt – wer oder was dabei noch ins Bild gerät, ist zunächst zweitrangig. Es sorgte für einiges Erstaunen, als wir deutschen Teilnehmer von unseren Regularien berichteten…

Am Abend stand ein echtes Highlight auf dem Programm: die Besichtigung des Stadions der „Green Bay Packers“. Das Footballstadion fasst 81.041 Zuschauerplätze – und die Warteliste für eine Saisonkarte beträgt über zehn Jahre! Die gewaltige Dimension des Stadions war ebenso beeindruckend wie die Geschichte des Teams, das als einziger NFL-Club keinem privaten Besitzer gehört, sondern über 539.000 Anteilseignern.


27.06. – Zweiter Seminartag: „Range Day“

Auf diesen Tag hatten sich fast alle besonders gefreut – es ging auf die Shooting Range! Und die US-Kollegen enttäuschten nicht: Es gab eine beeindruckende Auswahl an Waffen und, gefühlt, unbegrenzte Mengen an Munition.

Von 08:00 Uhr morgens bis 17:00 Uhr nachmittags drehte sich fast alles ums Schießen. In kleinen Gruppen wurden verschiedene Übungen absolviert – dazwischen trainierten wir auch das taktische Vorgehen und schnelles Bewegen im offenen Gelände. Aber ganz klar: Der Fokus lag auf dem Schießtraining.

Begleitet wurden wir von einem erfahrenen Sheriff, der zuvor als Scharfschütze in einer SWAT-Einheit tätig war. Zum Abschluss gab es sogar einen kleinen Wettbewerb im Umgang mit der Glock. Ein Kollege aus Nordrhein-Westfalen war am schnellsten und treffsichersten.

Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es am Abend noch in einen örtlichen Gun Shop, der extra für uns länger geöffnet hatte. Von den 36 Teilnehmern konnten sich 34 männliche Kollegen kaum von den Auslagen losreißen – Sandra aus Kenia und ich hatten dagegen schnell genug gesehen und mussten diesmal auf die Herren warten…


28.06. – Dritter Seminartag: „Police Lights of Christmas“

Der dritte Tag war in vielerlei Hinsicht etwas ganz Besonderes. In Green Bay findet jedes Jahr eine Spendenaktion statt, bei der Geld für Menschen in akuter Not gesammelt wird. Von den Spenden werden Gutscheine – z. B. für Tankstellen oder Supermärkte – gekauft und an die örtlichen Polizeidienststellen übergeben. So können die Beamten bei Bedarf direkt und unbürokratisch helfen. Eine tolle Idee!

Das Highlight des Tages war ein Konvoi aus Harleys, Corvettes und zahlreichen Streifenwagen, der gemeinsam zu einer Rennstrecke fuhr. Dort durfte – wer wollte – an einem Viertelmeilenrennen teilnehmen. Ich war an diesem Tag mit Sarah, einer Kollegin aus den USA, unterwegs, die kurzerhand mit ihrem Streifenwagen selbst beim Rennen mitfuhr. Mit im Auto: ihr Polizeihund Arlo, der das Ganze erstaunlich gelassen hinnahm.

Sarah wollte mir zeigen, wie schnell die US-Streifenwagen beschleunigen können – und tatsächlich: Ihre Fords sind speziell darauf ausgelegt, Fahrzeuge von der Straße zu drängen. In puncto Wendigkeit und Power sind sie unseren Dienst-Vitos deutlich überlegen.

Am Abend ließen wir den Tag beim gemeinsamen Bowling mit allen Teilnehmern ausklingen – eine wunderbare Abwechslung nach einem heißen Sommertag.


29.06. – Vierter Seminartag: „Active Shooter & Erste Hilfe“

Am vorletzten Seminartag wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. Gruppe eins absolvierte die Ausbildung zum Pfefferspray-Instruktor. Gruppe zwei, zu der ich gehörte, startete mit einem intensiven Erste-Hilfe-Training – unter besonders realitätsnahen Bedingungen.

Zunächst wurde uns eine Hand fixiert, sodass wir sie nicht mehr nutzen konnten. Dann wurden uns die Augen verbunden. Ziel war es, mit nur einer Hand eine Schusswunde bei einem „verletzt“ liegenden Kollegen zu erkennen und ein Tourniquet korrekt und fest anzulegen. Der Leitsatz lautete: „Train as you fight.“

Schussverletzungen sind in den USA leider häufiger Realität – auch unter Polizisten im Dienst. Deshalb hat dort die sichere Anwendung des Tourniquets höchste Priorität.

Im anschließenden „LEBE-Training“ zur Lage eines „Active Shooters“ in einer Schule merkte ich, dass sich viele taktische Vorgehensweisen kaum von denen bei uns in Schleswig-Holstein unterscheiden. Ein wesentlicher Unterschied wurde aber schnell deutlich: In den USA bleibt die Waffe durchgängig auf den Täter gerichtet – auch wenn dieser bereits fixiert am Boden liegt. Uns wurde sogar erklärt, dass selbst ein gezielter Kopfschuss erlaubt wäre, falls der Täter erneut Anzeichen zeigt, flüchten zu wollen.


30.06. – Fünfter Seminartag: „ILEETA & Abschlussfeier“

Am letzten Seminartag stand für meine Gruppe die Ausbildung zum Pfefferspray-Instruktor auf dem Programm. Inhaltlich war das Training eine gute Auffrischung – die Anwendung unterscheidet sich kaum von dem, was wir aus Deutschland kennen.

Etwas anspruchsvoller war der schriftliche Abschlusstest: Fragen wie der genaue Mindestabstand beim Einsatz von Pfefferspray brachten einige doch ins Grübeln. Umso größer war die Freude, als am Ende alle Teilnehmer das Zertifikat erhielten und sich nun offiziell als „ILEETA Instructor“ bezeichnen dürfen – ausgestellt von der International Law Enforcement Educators and Trainers Association.

Am Abend wurde es feierlich: Zum offiziellen Abschlussdinner wurden in festlichem Rahmen die Teilnahmeurkunden überreicht. Danach ging es an ein Lagerfeuer mit lokalem Bier – ein würdiger Ausklang einer erlebnisreichen Woche.


Fazit: Polizeiarbeit verbindet – weltweit

Neben dem offiziellen Programm gab es jede Menge „außerschulische Aktivitäten“: eine Brauereiführung mit Biertasting, den Besuch eines Freizeitparks, Outlet-Shopping, Lagerfeuerabende und Karaoke mit den japanischen Kollegen.

Was bleibt? Viele neue Eindrücke, internationale Freundschaften – und die Erkenntnis, dass sich Polizeiarbeit rund um den Globus ähnlicher ist, als man vielleicht denkt. Ich bin mir sicher: Das war nicht meine letzte Reise mit der IPA! Und die geknüpften Kontakte – insbesondere nach Amerika, Belgien, England und Dänemark – werden hoffentlich noch lange bestehen.