IPA Deutschland

International
Police Association

IPA Deutschland

Internationale Polizeimissionen – Fortsetzung (Teil 2)

Völkerrechtliche Grundlagen für eine deutsche Beteiligung an internationalen Polizeimissionen

Instrumentarium der Bundesrepublik Deutschland

Zur Unterstützung internationaler Friedensmissionen und Erfüllung ihrer Bündnispflichten hat die Bundesregierung ein umfassendes Instrumentarium zur Verfügung. Ein unverzichtbarer Bestandteil davon ist die Entsendung deutscher ziviler Polizeikontingente. Deutsche Polizistinnen und Polizisten tragen maßgeblich zu den Erfolgen von Missionen internationaler Organisationen bei. Durch ihre Einsatzbereitschaft und Professionalität genießen sie weltweit hohes Ansehen. Die völkerrechtlichen Grundlagen für diese Missionen, und damit auch für die deutsche Beteiligung, sind das allgemeine Völkerrecht und die Charta der UN. Bei Friedensmissionen von regionalen Organisationen, wie der EU oder OSCE, gelten darüber hinaus deren völkerrechtliche Bestimmungen und Vereinbarungen. Die aufgrund der Art. 23 bis 25 sowie 32 GG getroffenen Entscheidungen der Bundesregierung, an einem Friedenseinsatz der UN oder einer anderen internationalen Organisation mit einem deutschen Polizeikontingent teilzunehmen, setzt immer ein verbindliches und definiertes Mandat des zuständigen
Gremiums der jeweiligen Organisation voraus. Dies ist dann der Sicherheitsrat der UN oder der Europäische Rat der EU oder der Ständige Rat der OSCE. Dann kann sich – und bis zu einem bestimmten Grad muss sie es – die Bundesrepublik an solchen Einsätzen beteiligen.

United Nations (UN)

Die Organisation wurde im Jahr 1945 als Nachfolger des Völkerbundes gegründet. Mit Stand 01/2024 hat die UN insgesamt 193 Mitgliedstaaten, hinzukommen als Nicht-UN-Mitglieder der Vatikan sowie weitere zwölf Staaten, Nationen, Länder oder Territorien, bei denen die Staatseigenschaft umstritten ist oder die sich in freier Assoziierung zu anderen Staaten befinden. Die grundlegenden Aufgaben sind gemäß der UN-Charta die Sicherung des Weltfriedens, die Einhaltung des Völkerrechts, der Schutz der Menschenrechte und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Beide deutsche Staaten, sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Deutsche Demokratische Republik, waren ab dem Jahr 1973 Mitglied und hatten damit die UN-Charta und deren Zielsetzungen zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit als verbindlich anerkannt. Zur Beseitigung bzw. Verhütung von Bedrohungen des Friedens sieht die Charta Kollektivmaßnahmen vor. Das Instrumentarium ist in der Charta nicht im Einzelnen vorgezeichnet, sondern wurde erst nach und nach entwickelt. Mit dem Grundsatzdokument „Agenda für den Frieden“ hatte im Jahr 1992 der damalige UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali eine Bestandsaufnahme vorgelegt. Aufgrund dessen wurde der Spielraum für Mandate und die Durchführung von Friedensmissionen der UN erweitert. Dies erhöhte die Erwartungen der internationalen Gemeinschaft an derartige Maßnahmen deutlich. Das Instrumentarium reicht von der Konfliktprävention über friedenserhaltende Maßnahmen „Peace-keeping” (Kapitel VI der UN-Charta) bis zur Friedenserzwingung „Peace-enforcement“ (Kapitel VII). In allen Fällen geht es um Friedensschaffung durch direkte Einwirkung auf die Konfliktparteien oder um Friedenskonsolidierung nach dem Ende eines bewaffneten Konflikts.

Allen Instrumenten gemeinsam ist die Komplexität solcher Einsätze. Der Einsatz bewaffneter Streitkräfte ist in den meisten Fällen unverzichtbar, aber eine Beschränkung nur auf das Militär nicht mehr zielführend. Die Einsätze der Streitkräfte müssen durch eine Vielzahl ziviler Komponenten (z. B. Innere Sicherheit, Rechtsprechung, Verwaltung, Bildung, Gesundheitswesen, Sozialwesen, Verkehrswesen, Infrastruktur, Finanzverwaltung) ergänzt werden, um den Frieden zu konsolidieren. Wie die Erfahrungen mit der Umsetzung des Dayton-Abkommens (1995) in Bosnien-Herzegowina zeigten, gehört der Einsatz internationaler ziviler Polizeikontingente zu den wichtigsten der zivilen Komponenten. Mandate für solche Missionen werden vom UN-Sicherheitsrat (5 ständige und 10 nichtständige Mitgliedsstaaten) beschlossen.

European Union (EU)

Gemäß Kapitel VIII der UN-Charta soll die EU für Konflikte in ihrem Einwirkungsbereich als eine sogenannte regionale Abmachung Ansprechpartner sein. Die EU agiert im Sicherheitssektor gemäß dem Maastrichter Vertrag aus dem Jahr 1993 mit einem breiten Spektrum von politischen, wirtschaftlichen
und finanziellen Instrumenten in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Ein Teilbereich der GASP, jedoch mit teilweise eigenen Regeln und Institutionen, ist die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), die im Jahr 2001 durch den Vertrag von Nizza eingeführt wurde. Durch die GSVP soll einerseits die Integration innerhalb der EU gefördert, andererseits jedoch auch die transatlantische Partnerschaft mit den USA gestärkt werden. Für die operative Umsetzung der GASP bzw. GSVP, damit u. a. auch für Missionen, ist der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und der ihm unterstellte Europäische Auswärtige Dienst (European External Action Service – EEAS) zuständig. Der Europäische Rat (Rat der Regierungschefs) und der Rat der EU (Rat der Minister) treffen dabei die wesentlichen politischen Entscheidungen für diesen Bereich, somit auch über Mandate zur Krisenbewältigung oder -verhütung.

Organisation for Security and Co-operation in Europe (OSCE)

Die OSCE (Deutsch: Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist eine permanente Staatenkonferenz zur Sicherung des Friedens. Die Organisation ging am 1. Januar 1995 aus der seit 1975 bestehenden Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) hervor. Die OSCE besteht aus 57 Teilnehmerstaaten in Europa, Asien, Nordafrika, Australien und Nordamerika. Die übergeordneten Ziele der Organisation sind Sicherung des Friedens und der Wiederaufbau nach Konflikten als stabilisierende Faktoren in Europa. Als regionale Abmachung nach Kapitel VIII der UN-Charta soll die OSCE als erster internationaler Ansprechpartner bei Konflikten innerhalb ihres Wirkungsbereiches dienen. Sie wird als System kollektiver Sicherheit angesehen und steht damit neben der militärisch ausgerichteten NATO. Drei Dimensionen, auch „Körbe“ genannt, bestimmen die Aktivitäten:

  1. Politisch-Militärische Dimension
  2. Wirtschafts- und Umweltdimension und
  3. Menschliche (humanitäre) Dimension.

Es besteht noch ein die Dimensionen übergreifender Ansatz im Sicherheitsbereich hinsichtlich grenzüberschreitender Bedrohungen, wie Auswirkungen des Klimawandels, Terrorismus, Radikalisierungen und gewaltbereiter Extremismus, organisierte Kriminalität, Cyberkriminalität sowie Drogen-, Waffen- und Menschenhandel. Mandate über Missionen werden vom Ständigen Rat beschlossen, der Delegierte aus den 57 Mitgliedsstaaten umfasst und wöchentlich vom Amtierenden Vorsitzenden einberufen wird. Aufgaben internationaler Polizeikontingente Die Aufgaben solcher internationaler Polizeikontingente sind die Beaufsichtigung und Beratung der nationalen Polizeien mit den Zielen, die Respektierung von Menschen- und Grundrechten sowie eine unparteiische Amtsausübung sicherzustellen. Der Aufbau, die Aus- und Fortbildung sowie die Unterstützung der nationalen Polizeien sind dazu wirksame Beiträge. Die nglischen Fachbegriffe dafür sind „Monitoring, Mentoring, Advising“ (MMA). Von Bedeutung ist dabei das Gewinnen des Vertrauens der Bevölkerung durch vorbildliche praktische Umsetzung demokratischer Prinzipien. Ob die internationalen Polizeikontingente darüber hinaus auch exekutive Aufgaben übernehmen sollen bzw. müssen (Beispiel UNMIK Kosovo), wird im Einzelfall sorgfältig geprüft und ist die Ausnahme. In keinem Fall soll die Aufgabe internationaler ziviler Polizeikontingente sein, die Einsätze bewaffneter Streitkräfte zu ersetzen oder militärische Operationen zu unterstützen.