Wie werden die Missionen in Deutschland organisiert?
Die Bundesrepublik Deutschland kann aufgrund Art. 24 Absatz 2 des GG nicht nur in Systeme gegenseitiger kollektiver Sicherheit eintreten, sondern auch Aufgaben übernehmen, die mit einem solchen System verbunden sind. Eine solche Aufgabe ist die Beteiligung von deutschen Polizeibediensteten an Missionen. Für einen Einsatz von Polizeibeamtinnen und -beamten sowie Zivilbediensteten in solchen Missionen ist ein förmlicher Kabinettsbeschluss der Bundesregierung erforderlich. Dieser wird in gemeinsamer Verantwortung des BMI und des AA herbeigeführt. Der Bundestag ist über eine beabsichtigte Verwendung zu unterrichten.
Das administrative Verfahren über den Einsatz von Polizeibediensteten des Bundes und der Länder ist wie folgt organisiert: Auf Bundesebene existiert seit dem Jahr 1996 die Bund / Länder „Arbeitsgruppe Internationale Polizeimissionen“ (AG IPM), sie ist direkt der IMK unterstellt. Die AG hat eine ständige (zweigeteilte) Geschäftsstelle im BMI sowie im Bundespolizeipräsidium. Das Gremium besteht aus Vertretern der Innenministerien der Länder, des BMI, des AA, des BMF, des BKA, der Bundespolizei, der DHPol, der drei Trainingsinstitute der AG, dem ZIF und der GIZ. Den Vorsitz hat traditionell der Inspekteur der Polizei Nordrhein-Westfalen, allerdings kann jedes Mitglied der AG zum Vorsitzenden gewählt werden. Die AG tagt regelmäßig und erarbeitet Beschlüsse, in welcher Art und Weise die von der Bundesregierung beschlossene Teilnahme an einer Mission gestaltet werden soll, durch z. B. Beschlussvorschläge für die IMK, Vereinbarungen über die Personalanteile der Länder bzw. des Bundes, die Gestellung der Ausstattung, die Organisation der innerdeutschen Ausbildung, die Transporte in die Einsatzgebiete, Erarbeitung von Betreuungskonzepten u. v. a..
Das Verfahren ist chronologisch bzw. ablauforganisatorisch folgendermaßen strukturiert (siehe Abb. 1, Seite 13):
Für die Herbeiführung von Beschlüssen der Bundesregierung zur Teilnahme an einer internationalen Mission sind das AA und das BMI federführend. Sobald eine Teilnahme der Bundesrepublik Deutschland absehbar ist, informiert das AA die Geschäftsstelle der IMK, die wiederum die AG IPM beauftragt und deren Ständige Geschäftsstelle AG Internationale Polizeimissionen (GST AG IPM) informiert. Die GST AG IPM und die AG IPM bereiten und legen die notwendigen Beschlussentwürfe für die IMK vor. Umgesetzt werden die IMK- und AG IPM-Beschlüsse wiederum durch die GST AG IPM, die im BMI in einem Referat der Abteilung Bundespolizei mit einem Grundsatzbereich sowie im Bundespolizeipräsidium in einem Referat mit den operativen Missionsbetreuungen vertreten ist. Die Geschäftsstelle, besetzt mit Bundes- und Länderbeamten, organisiert alle ?Polizeimissionen in enger Zusammenarbeit mit der IMK, den Innenministerien und -senatoren der Länder, dem AA, den internationalen Organisationen wie UN, EU, OSCE sowie den jeweiligen Polizeimissionen in den Einsatzländern und den dortigen deutschen Kontingenten.
Welche Voraussetzungen sind gefordert?
Anforderungsprofile & Personalauswahl
Die in internationalen Polizeimissionen eingesetzten Beamtinnen und Beamten arbeiten an Brennpunkten ethnischer, religiöser, politischer, sozialer und wirtschaftlicher Konflikte sowie Krisenherden, die u. a. von Kriminalität, Anschlägen, Flüchtlingsproblemen, menschlichem Elend, Armut, schlechter Versorgungslage, beständigen Kampfmittel- und Minengefahren und hoher Umweltverschmutzung geprägt sind. Diese Anforderungen und Belastungen erfordern neben dem grundsätzlichen polizeilichen Fachwissen ein hohes Maß an Professionalität, ausgeprägter Selbstdisziplin und Stressstabilität, körperlicher Fitness, Akzeptanz für formales Verhalten, umsichtiges Auftreten, Einordnungsvermögen und Teamfähigkeit. Die Basis von Anforderungsprofilen für jeweilige Einsätze in internationalen Friedensmissionen ist deshalb eine hohe persönliche Einsatz und Leistungsbereitschaft. Die dezentral durchgeführte Personalauswahl bei den Polizeien der Länder und des Bundes orientiert sich darüber hinaus an den Rahmenbedingungen einer konkreten Mission, d. h. u. a. deren Zielen, den Aufträgen, der Dauer der Mission, den Vorgaben
der internationalen Organisation und der Sicherheitslage. Die AG IPM hat in den Leitlinien ein allgemeines Anforderungsprofil definiert, welches u. a. festlegt, dass eine Mindestdienstzeit bei der Polizei von acht Jahren, gute körperliche Verfassung, gesundheitliche Eignung, Stressstabilität sowie ausgeprägt gute englische Sprachkenntnisse in Wort und Schrift (Französisch gewinnt zunehmend an Bedeutung) vorliegen muss. Weitere Einzelheiten können den Leitlinien entnommen werden, welche im Internet abrufbar sind.
Training und Vorbereitung
Die standardisierte Vorbereitung der Missionsteilnehmer in Deutschland erfolgt an drei Standorten: Der Bundespolizeiakademie in Lübeck, der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg, Institut für Fortbildung, Institutsbereich Polizeiliche Auslandseinsätze in Böblingen sowie dem Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen (LAFP) am Bildungszentrum Brühl. Alle drei Trainingsinstitute sind durch die UN und durch die EU zertifiziert. Die Vorbereitung ist in ein allgemeines Training (Basisseminar) sowie ein missionsspezifisches Training (Vorbereitungsseminar VBS) aufgeteilt. Es gibt noch ergänzende Vorbereitungen für spezifische oder Führungsfunktionen und für Rückkehrer ein Nachbereitungsseminar
(NBS). Im November 2008 wurde außerdem eine ressortübergreifende Trainingsplattform vom Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF), der Führungsakademie und dem UN-Ausbildungszentrum der
Bundeswehr, den drei polizeilichen Ausbildungsstätten für Auslandseinsätze und der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) gegründet.