Für mich war es klar, wenn ich nach Asien reise, dann nach Japan. Tokio, die größte Stadt der Welt zu sehen. Das Zusammenleben von Moderne und Kultur erleben. Und? Klar, die Polizei in Japan kennenlernen. IPA machts möglich!
Kaum das Travel Form mit meinen Reiseplänen befüllt und verschickt, schon hatte ich wenige Tage später Mails von IPA-Mitgliedern aus Tokio, Osaka und Odawara in meinem Postfach. Meine Wünsche eine Polizeidienststelle und das T.M.P.D. (Tokyo Metropolitan Police Department / Hauptgebäude der Polizei in Tokio) zu besuchen, wurden erhört.
Letztlich organisierten mir die japanischen IPA Kollegen eine Führung in einer Polizeidienststelle und einem „Koban“ (Mini Polizeidienststelle), mit anschließendem Sightseeing und Abendessen in Osaka, sowie eine Führung durch das T.M.P.D. mit anschließendem Besuch einer Polizeidienststelle in Tokio.
Neben den polizeibezogenen Angeboten meldeten sich zudem zwei Kollegen, welche mir anboten mich bei meinen geplanten Tagesausflügen zu begleiten und mir die schönsten Plätze zu zeigen. Zum einen rund um den berühmten Mount Fuji und zum anderen die heilige Tempelanlage „Koyasan“.
Von den Angeboten bereits überwältigt erhielt ich zusätzlich noch eine Einladung zum „Japan Seminar 2025“. So war ich kurzerhand einer von sechs Glücklichen, welche verschiedenen Präsentationen über die Kriminalität in Asien, dem erfolgreichen „Koban System“ und vielen weiteren spannenden Vorträgen beiwohnen durften. Zu allem Überfluss wurden sogar den sechs Teilnehmern aus dem Ausland das Hotel für die Dauer des Seminars (drei Nächte) inklusive Frühstück bezahlt.
So ging es also am 01.10.2025 los, von München 12 h 30 min. Flugzeit bis nach Tokio. Da ich über die anschließenden 16 Tage ein Buch schreiben könnte, geh ich im Folgenden nur auf die Erlebnisse mit den IPA Kollegen ein.
Ich traf mich in Tokio mit zwei pensionierten und einem aktiven IPA Kollegen vor dem riesigen Gebäude des T.M.P.D. Im Gebäude selbst war das Fotografieren untersagt, weshalb ich hierzu leider keine Bilder zu Verfügung stellen kann. Ich kann nur sagen, dass es sich gelohnt hat. Kurz vor weg, in diesem Gebäude gehen täglich 6.000 Notrufe am Tag ein. Dementsprechend gibt es dort auch viel Personal. Allein 20 Notrufer nehmen Tag für Tag die Anrufer der Bürger entgegen.
Der Großraum Tokio umfasst eine Einwohnerzahl von ca. 37 Millionen Menschen. Da dies aber selbst für das Hauptquartier der Tokioter Polizei zu viel ist, deckt das Hauptquartier „nur“ den Stadtkern (23 Stadtbezirke) also in etwa 14 Millionen Menschen ab.
So sitzen also in einem riesigen Saal die Notrufer, Disponenten und weitere Angehörige vor einem Meer aus an der Wand montierten Bildschirmen, welche zusammengelegt das Straßennetz von Tokio, sowie einigen Überwachungskameras zeigten.
Zu Ende hin ging es in das hausinterne Museum, in dem man neben sichergestellten Waffen, Beweismitteln ehemaliger großer Strafverfahren, auch etliche alte und neue Uniformeren der japanischen Polizei begutachten konnte.
Nach einem kurzen Erfrischungsgetränk ging es dann weiter zur Polizeiinspektion Mejiro, welche wir einige Minuten später mit der Bahn erreichten. Hier wurde ich ebenfalls herzlich
Empfangen und bekam auch hier eine Führung durchs Gebäude. Ich stellte schnell fest, dass Einzelbüros lediglich dem Dienststellenleiter vorbehalten waren. Die anderen Räume waren teils dicht an dicht mit Schreibtischen zugestellt, an denen die Kollegen fleißig, teilweise mit ca. 30 Kollegen in einem Raum, arbeiteten. Platz ist in Tokio eben Luxus.
Kaum im obersten Stockwerk angekommen wurde ich bereits im dortigen Dojo erwartet. Sofort hieß es, bitte die Schuhe und Socken ausziehen, wir trainieren jetzt Kendo!
Ich bekam kurzerhand ein klassisches Bambusschwert „Shinai“ in die Hand gedrückt und dann ging es auch schon los. Der Lehrmeister lehrte mich das Schwert richtig zu halten und es zu führen. Ganz wichtig, die Beinarbeit!
Nach diesem kleinen Exkurs in die japanische Schwertkunst, ging es weiter in einen Unterrichtsraum. Dort wartete eine jüngere Kollegin auf mich, welche bereits mit Papier, Tinte und einem Pinsel ausgestattet war. Es stellte sich heraus, dass die Kollegin Meisterin der Kaligrafie (Die Kunst des schönen Schreibens) war.
Mit Leichtigkeit fing sie an die Bedeutung meines Namens als Schriftzeichen, sogenanntem „Kanji“, zu Papier zu bringen. Überwältigt davon, war dann aber wieder ich an der Reihe. Da das Kanji doch eher anspruchsvoll war, durfte ich „Mejiro“ und meinen Namen in der japanischen Lautschrift „Katakana“ schreiben. Das war zum Glück unter Anleitung etwas einfacher.
Nach dem Austausch von Patches neigte sich dann auch dieser Besuch dem Ende zu. Mit auf den Weg bekam ich neben den Zeichnungen, sogar noch eine Tüte gefüllt mit „Polizei Merchandise“. Dann hieß es Abschied nehmen.
Ab nach Osaka. Die zweitgrößte Stadt Japans ist ebenfalls riesig. Auch hier verabredete ich mich mit einem IPA-Freund, welcher mich von einer Bahnstation abholte. Mit einem? Nein, vor mir standen fünf pensionierte, lustige und rüstige Männer, welche sich bereits freuten mich heute begleiten zu dürfen.
Der erste Tagesordnungspunkt war die Besichtigung einer Dienststelle, Polizeiinspektion Izumisano. Kaum eingetroffen wurde ich direkt vom Dienststellenleiter, seinem Vertreter und einigen Kollegen in Empfang genommen. In einer gemütlichen Runde durfte ich Fragen stellen und Fragen beantworten. Thema war aber nicht nur die Polizei, sondern auch andere Themen wie die Empfehlung von heimischen Gerichten, sowie Sehenswürdigkeiten.
Auch hier führte man mich durch das Gebäude, welches ähnlich vollbesetzt war, wie das in Tokio. Im Innenhof der Station schien man mich erneut zu erwarten. Dort bereits vorgefahren, ein moderner Streifenwagen der japanischen Polizei: ein Toyota Crown der 16. Generation als Limousine.
Ich durfte zwar nicht Probe fahren, aber dafür das Auto genauer unter die Lupe nehmen. Die Modellserie „Crown“ von Toyota ist sozusagen der Luxusableger von Toyota, dementsprechend war auch das Interior schön anzusehen. Praktisch war das Fahrzeug aufgrund der Kofferraumgröße aber eher nicht. Pylonen, Warnbarken und weitere Dinge die man so braucht um einen Verkehrsunfall abzusichern, hatten eher weniger Platz.
Nach einem kurzen Fotoshooting führte mich das Programm weiter in Richtung einem ca. 300 Meter entfernten Koban. Hier begrüßten mich zwei diensthabende Kollegen, welche aktuell ihren 24 Stunden Schichtdienst abarbeiteten. Diese Mini Polizeidienststellen wurden geschaffen, um die Nähe zum Bürger zu stärken. Gefühlt gibt es so eine „Polizeibox“ an jeder wichtigen Ecke der Stadt. So kann die Polizei Präsenz zeigen und gleichzeitig schneller am Ort des Geschehens sein. Nachdem ich auch hier einiges Lernen durfte, ging es weiter zu einem kurzen Abstecher ins Polizeihauptquartier in Osaka (ähnlich wie das in Tokio).
Auch wenn mir hier der Zutritt zu Büros oder Einsatzräumen nicht gestattet wurde, war der im Untergeschoss liegende „Polizeishop“ mit zugehörigem Supermarkt umso mehr ein Highlight. Hier ließ ich es mir nicht entgehen ein Trainingsshirt der Osaka Police und eine passende Tasse zu kaufen. Neben allerlei Bürobedarf gab es zudem Einsatzhandschuhe, Polizeimappen, Polizeikekse, Ansteckpins und allerlei Kleinigkeiten für den täglichen Polizeialltag.
Weiter ging es zum Zentrum der Stadt, zur berühmten Burg Osaka. Glücklicherweise war einer der rüstigen IPA Kollegen in Sachen Geschichte so gut informiert, dass ich kurzerhand alles Wichtige und Interessante rund um die Burg direkt von ihm erfuhr. Er führte mich durch das dortige Museum und den schönen angrenzenden Park.
Da es fürs Abendessen aber noch zu früh war, machten wir noch einen Schlenderer durch den Kuromon Markt, in dem es neben frischem Fisch, Meeresfrüchten, Haushaltswaren und Klamotten allerlei Dinge zu kaufen gab.
Um den Abend gelungen abzuschließen gingen wir schließlich noch in ein verstecktes Restaurant, in dem zu meiner Überraschung bereits einige Kollegen warteten, die ich heute früh auf der Polizeidienststelle Izumisano kennengelernt hatte. So hatten wir zusammen zum Abschluss noch einen ausgelassenen Abend mit dem ein oder anderen japanischen Bier.
Nachdem ich wieder einige Tage für Sightseeing genutzt hatte, stand auch schon wieder das nächste IPA Event in der Präfektur Kanagawa vor der Tür, das IPA Japan Seminar 2025, 11.10. – 14.10.2025.
In einer vorab erstellten WhatsApp Gruppe durfte ich bereits die Teilnehmer des Seminars kennenlernen. Es stellte sich heraus, dass neben einigen Teilnehmern aus verschiedenen Präfekturen aus Japan, auch Kollegen aus Kanada, Pakistan, Kenia, Island und ein weiterer Kollege aus Deutschland sich für das Seminar angemeldet hatten.
Der erste Tag war zum Ankommen, Einchecken und Kennenlernen gedacht. So verbrachten wir den ersten Abend nach einem kurzen Feuerwerk an der Hafenpromenade in einer schicken Bar. So probierten wir uns durch die verschiedensten japanischen Getränke und kamen miteinander ins Gespräch.
Pünktlich ging es dann am nächsten Morgen um 09:30 Uhr los. Nach einer kurzen Tour durchs Hauptquartier der Polizei Kanagawa, mit fantastischem Blick vom obersten Stockwerk über den Hafen, erwartete uns schon der Präsident der IPA Japan, Mr. Masahito Kanetaka, welcher uns alle zum Seminar begrüßte.
So durften wir am ersten Tag einigen sehr interessanten Vorträgen folgen, welche unter anderem Themenbereiche zum bestehenden Koban System, der Sicherheit im Straßenverkehr und der Kooperation zwischen Japan und Indonesien beinhalteten.
Um nicht zu verhungern gab es in der Zwischenpause japanische Süßigkeiten und Getränke, sowie ein gemeinsames Mittagessen. So durfte man wählen zwischen Ramen, Udon und Curry. Alles sehr zu empfehlen!
Da mich insbesondere das Koban System interessierte, hier eine kurze Erklärung:
Die „Kobans“ sind im Grunde Mini Polizeidienststellen, welche überall im Land auf engem Raum verteilt sind. Sie sind mit Küche, Aufenthaltsraum, Schlafraum und Bad ausgestattet, nur alles eben ein bisschen kleiner. Die Kobans sind den klassischen Polizeidienststellen vor Ort unterstellt. In diesen „Polizeiboxen“ kann man Anzeige erstatten, Dinge verloren melden oder einfach die Polizei um Rat fragen. Das primäre Ziel der Kobans ist es die Polizei
präsent und bürgernah zu machen. Somit verkürzt sich automatisch auch der Anfahrtsweg zum Einsatzort, sodass in der Regel immer die Koban Streife zuerst vor Ort ist und schneller die notwendigen Maßnahmen treffen kann.
In der Regel besteht die Schicht aus drei Beamten und einem pensionierten Kollegen, welcher für die aktiven Schichtbeamten eintritt, sollten alle im Einsatz sein. So kann gewährleistet werden, dass das Koban auch ständig besetzt ist.
Gearbeitet wird in 24 Stunden Schichten, mit anschließend zwei freien Tagen zur Erholung. Schlafen ist nachts zwar erlaubt, aber natürlich nicht immer möglich.
Zum Tagesgeschäft eines Koban Beamten gehören neben der Fußstreife auch Hausbesuche, um direkten Kontakt mit dem Bürger zu suchen. Es wurde erkannt, dass gerade hier der Bürger wohl früher anfängt Probleme zu äußern und automatisch die Hemmschwelle sinkt mit der Polizei zu sprechen, da man die Kollegen quasi persönlich kennenlernt.
Dieses System der „Community Police“ wurde bereits in 12 Staaten übernommen, unteranderem in Singapur und Indonesien. Die Statistik dort zeigte, nach Einführung der Kobans sank auch hier die Kriminalitätsrate.
Kaum hatten wir alles theoretisch über das Koban System gelernt, schon machten wir uns auf dem Weg zu einem. Vor Ort zeigten uns die diensthabenden Kollegen neben den klassischen Einsatzmitteln auch die Räumlichkeiten des kleinen Gebäudes.
Nachdem wir diese dann auch mit Fragen löchern durften, war die Vortragsreihe zumindest für den heutigen Tag beendet. Da der Magen aber schon wieder grummelte, wurden wir zum Abendessen ins angrenzende China Town eingeladen. An zwei großen runden Tischen wurden uns nach und nach große Platten mit Fisch, Fleisch und Beilagen zum Teilen serviert. Dazu einen vorzüglichen Sake. Obwohl ich vor lauter Reden gar nicht so wirklich zum Essen kam, war alles sehr sehr lecker.
So begann auch schon der zweite Tag der Vortragsreihe.
Gewundert hatte es mich eigentlich nicht, aber wie in Europa hat auch Asien massive Probleme mit Online-Betrügereien, sogenannten „Scams“. So bekamen wir Einblicke in die gängigsten Betrugsarten, sowie die Vorgehensweise solche organisierten Banden aufzuspüren.
Weiter ging es mit der internationalen Arbeit der japanischen Polizei. So bietet auch Japan regelmäßig Hilfe durch Spezialkräfte nach beispielsweise Naturkatastrophen in anderen Ländern an.
Nachdem ich mir zum Mittagessen wieder eine Portion Udon gegönnt hatte, schaltete sich für den nächsten Vortrag ein pensionierter Kollege der Royal Thai Police per Videoanruf zu. So gab uns auch er Einblicke in die Kriminalität und die Arbeitsweise der Polizei in Thailand.
Den Tag abrunden durfte der ebenfalls deutsche Kollege Mr. Robin Mang, welcher als Angehöriger der BFE (Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit) in Baden-Württemberg einen sehr interessanten Vortrag über seine Arbeit hielt. So ging er neben Statistiken zu gängigen Straftaten im Ländervergleich, auch auf das Phänomen Reichsbürger in Deutschland ein.
Kaum waren die Vorträge zu Ende, gab es auch schon die feierliche Übergabe der Teilnehmerurkunden zum Seminar und den Austausch kleinerer Präsente unter den Kollegen. So wurden Patches, Süßigkeiten und Instagram Namen getauscht, um weiterhin in Kontakt zu bleiben.
Nicht fehlen durfte das letzte Abendessen im World Beer Museum in Kanagawa. Auch hier wurden uns große Platten mit allerlei Leckereien zum Teilen serviert. Zum Trinken gab es auch in Japan sehr beliebtes deutsches Bier, von der Brauerei Hofbräu München.
Nachdem sich aber auch dieser unterhaltsame Abend dem Ende neigte, konnten wir nicht anders als eine letzte Fahrt im 112 Meter hohen Riesenrad im nahegelegenen Vergnügungspark zu machen. So beendeten wir den Abend mit einem wunderbaren Ausblick über die Stadt.
Am nächsten Morgen hieß es dann Abschied nehmen. Nach einer kurzen morgendlichen Shopping Tour und einem Spaziergang durch den Yokohama Sankeien Garden war das Seminar schließlich beendet.
Ich will mich an dieser Stelle ganz herzlich bei der IPA Japan, insbesondere bei Mrs. Kazuko Sato bedanken, welche die Organisation übernahm und uns durch das Seminar führte. Ich denke ich kann im Namen aller ausländischen Teilnehmer sprechen, dass das Seminar ein voller Erfolg war. Vollbepackt mit neuem Wissen, vielen kleinen Mitbringseln und unvergesslichen Erinnerungen trat ich dann wenige Tage nach dem Seminar meine Heimreise an. Abgesehen von den Erlebnissen mit der IPA kann ich das Land der aufgehenden Sonne nur jedem ans Herz legen. Neben sauberen Straßen, punktgenauen Zügen, netten und höflichen Menschen, ist es beeindruckend mit anzusehen, wie dieses Land mit der größten Stadt der Welt funktioniert. Ich für meinen Teil sage auf Wiedersehen! Sayonara!
Benedikt Arlt, IPA Deutschland, Bayern, Kempten