Geldautomatensprengungen ist einer von mehreren Gründen, warum es eine niederländisch-deutsche Zusammenarbeit von Polizist:innen seit mehr als 15 Jahren im Grenzgebiet gibt. Eine Vorreiterrolle in der internationalen Kriminalitätsbekämpfung und erfolgreichen, europäischen Zusammenarbeit.
Im Rahmen einer durch den Präsidenten der IPA Niederlande, Willem Schewe und dem Leiter der IPA Landesgruppe Bremen, Tim Gelineck initiierten, langfristigen Partnerschaft zur Ausrichtung wechselseitiger Hospitationen, konnten nun erstmalig die Bremer Kollegen Leonard Ritterskamp und Kevin Rerrer, hinter die Kulissen der niederländischen Sicherheitsbehörde blicken.
Der viertägige Austausch startete mit einem systemischen Einsatztraining in Zusammenarbeit mit der „Brandweer“. Pünktlich zum bevorstehenden Jahreswechsel, erhalten die Kolleg:innen eine besondere Schulung im Umgang mit Knalltrauma und Feuerwerk. Nach einer theoretischen Einführung werden Trainings zum Einschreiten im Gruppenrahmen durchgeführt. Ziel ist es, sogenannte „Störer“ (Personen, die mit ihrem Verhalten die öffentliche Sicherheit gefährden) aus größeren Menschenmengen herauszuziehen.
Nach erfolgreich abgearbeiteten Szenarien, verlegten die Polizisten in den frühen Abendstunden, gemeinsam zur nahegelegenen „Brandweer“ – die einzige Berufsfeuerwehr in diesem Bereich. Gemeinsam mit den Feuerwehrkräften, wurde eine Heißausbildung durchgeführt.
Interessanter Fakt: Im Vergleich zu Bremen, verfügt die Polizei Niederlande über keine Bereitschaftspolizei. Bei geplanten Großlagen, wie zum Beispiel Fußballspielen oder Demonstrationen, formieren sich Kolleg:innen aus den Streifendiensten zu einer Gruppe zusammen und schreiten dann gemeinsam ein. Dies ist vergleichbar mit der Bremer Alarmhundertschaft.
Nach einem beeindruckenden ersten Tag, erwartete die Bremer Polizisten am Dienstag ein Einblick beim Team „Verkeer“ in Drachten. Die Verkehrsbereitschaft der Polizei Niederlande.
Hochmotorisierte Fahrzeuge, die als politische Antwort auf Automatensprenger angeschafft wurden, konnten besichtigt werden. Neben 49 Möglichkeiten, Geschwindigkeitsmessungen durchführen zu können, können auch Handyverstöße via Kameras geahndet werden. Die Strafen liegen hierbei deutlich höher als in Deutschland. 420,- EUR kostet es Verkehrs-teilnehmende, wenn sie das Auto mit einem Smartphone in der Hand, durch den niederländischen Straßenverkehr bewegen. Wie unsere Hospitanten festgestellt haben, können die niederländischen Kollegen nicht nur über ihre Fahrzeuge Videoaufzeichnungen anfertigen.250 Drohnen im gesamten Land sorgen regelmäßig für Sicherheit und qualitativ hochwertige Übersichtsaufnahmen. Drohnen, die regelmäßig bei vermissten Personen, aber auch flüchtigen Tatverdächtigen eingesetzt werden können.
Selbst bei einer Entfernung von mehreren hundert Metern, können Personen bestens erkannt und mögliche Fluchtwege ausfindig gemacht werden. Ziel in naher Zukunft: Drohnen an festen Örtlichkeiten zu stationieren und mittels GPS-Koordinaten und einem bestimmten Alarmierungssystem eigenständig für erste Luftaufnahmen hinfliegen zu lassen.
Der zweite, sehr informative Tag, endete schließlich mit einem gemeinsamen Abendessen unserer Hospitanten mit weiteren Polizei und IPA-Freunden im Hotel.
Noch gestärkt vom Vorabend und einem ausgiebigen Frühstück, ging es in den dritten Tag der Hospitation zur Wasserschutzpolizei. Hier erwartete die Kollegen zunächst eins von zwei Booten, die die Wasserschützer zur Kontrolle von Frachtern und anderen großen Schiffen, nutzen.
Auf hoher See und nach ersten eigenen Fahrversuchen, das Boot sicher zu steuern, bestand die Möglichkeit, auf ein Speedboot, mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 Km/h, umzusteigen. Nach durchgeführtem Platzwechsel, ließen sich die niederländischen Kollegen den Spaß nicht nehmen und zeigten, was das Speedboot wirklich kann.
Mit 80 km/h durch Fahrwasser und Wellen, mussten die Kollegen ihre Halte- und Körperkraft unter Beweis stellen, damit es nicht hieß „Mann über Bord“.
Im weiteren Verlauf konnten sich Leonard und Kevin das dortige Polizeigewahrsam und Gericht anschauen – der Aufbau ist ähnlich wie in Deutschland. In den Niederlanden wird sogar Wert auf Entertainment in den Zellen gelegt.
Mit einem festverbauten Gerät, kann TV geschaut oder Spiele gespielt werden. Hintergrund für diese besonderen Zellenausstattungen sind der Zeitvertreib der Gefangenen. Anstatt Innenwände zu beschmieren oder gar zu zerstören, beschäftigen diese sich mit den digitalen Möglichkeiten. Der Erfolg lässt sich an der Sauberkeit und dem Zustand der Zellen deutlich erkennen.
Beim gemeinsamen Abendessen mit den Organisatoren trafen unsere Polizisten auf den Polizeiführer vom Dienst, Pier Jurjen Reen. Dieser nahm sich anschließend die Zeit, fertigte eigens eine Präsentation auf Deutsch an, zeigte und erklärte den Bremer Kräften die „Meldkammer“ – Die niederländische Leitstelle.
Interessanter Fakt: Bei landesweit allen Leitstellen, handelt es sich um sogenannte Kooperative Leitstellen. Das heißt, dass Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst am selben Platz arbeiten, über eine Notrufnummer (112) erreichbar sind und effizient schnell Hilfe leisten können.
Am letzten Tag der viertägigen Hospitation, bestand nochmal die Möglichkeit, sich die Dienststellen und somit den eigentlichen Arbeitsplatz, der Tauschkolleg:innen, Bart und Riechelle, anzuschauen, die wir im kommenden Jahr in Bremen empfangen werden. Die Dienststellen sind auf einem sehr modernen Stand. Neben ausreichend Schreibräumen, besteht die Möglichkeit, Telefonate in einem schallisolierten Raum zu führen und Aufenthaltsräume laden auch wirklich zum Aufhalten ein. Der Raum dient ausschließlich dem Austausch untereinander und untersagt das Arbeiten / Führen von Telefonaten oder anderen dienstlichen Gesprächen.
Die Reise endete mit einem abschließenden Besuch im Gefängnismuseum in #Veenhuizen.
Erfahrungen und Danksagungen
Die Möglichkeit, so einen Austausch erleben zu dürfen, ist etwas ganz Besonderes. Unser besonderer Dank gilt den engagierten Mitgliedern, Bert Holtermann und Rein Boxum von der IPA Nederland Noord. Sie haben den Bremer Kollegen einen unvergesslichen Eindruck in die niederländische Polizeiarbeit gegeben.
Besonders hervorzuheben ist die unglaubliche Gastfreundlichkeit aller Kolleginnen und Kollegen der niederländischen Polizei. Die Bremer Polizisten wurden stets mit offenen Armen empfangen.
Neben den Reisekoordinatoren und Schatzmeistern, verbrachten auch die zukünftigen Hospitanten der niederländischen Polizei, Riechelle und Bart, die Tage mit unseren Kollegen. Es entstand neben einem großen fachlichen Austausch, auch eine Freundschaft zwischen allen, die in den vier Tagen mitgewirkt haben. Ein einmaliges Erlebnis, welches nicht zuletzt durch die Landesgruppe der IPA Bremen, den beiden Bremer Polizisten ermöglicht wurde.
Für die IPA im Land Bremen
Kevin Rerrer und Leonard Ritterskamp